Verbundvorhaben Lückenindikation

Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln muss verbessert werden

19. Oktober 2016

Lückenindikationen im Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenbau sind seit vielen Jahren eine zentrale Herausforderung für die Erzeuger. Als Lückenindikation im Pflanzenschutz wird eine Indikation, bestehend aus Schadorganismus, Kulturpflanze und Anwendungsbereich, mit geringfügigem Umfang oder geringer gesamtwirtschaftlicher Bedeutung bezeichnet, für die keine hinreichend wirksame Bekämpfungsmöglichkeit in der Praxis verfügbar ist. Diese Lückendindikationen existieren bei einer Vielzahl der Kulturpflanzen in Deutschland, da hier keine oder nur unzureichend Pflanzenschutzmittel zugelassen sind. In der Regel fehlen auch andere praktikable Problemlösungen. Hieraus ergibt sich ein erhebliches Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und des Gartenbaus.

Die grünen Verbände unterstützen die Erzeuger mit vielfältigen Aktivitäten bei der Zulassung, Erweiterung der Zulassung sowie Notfallzulassungen für Pflanzenschutzmittel. Eine entscheidende Bedeutung kommt – auch aufgrund des begrenzten Engagements der chemischen Industrie in kleinen Kulturen – den in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Lückenindikationen (BLAG Lück) kooperierenden Pflanzenschutzdiensten der Länder zu. Hier fehlt es jedoch immer wieder an Personal oder an freien Ressourcen, um neben den hoheitlichen Aufgaben weitere umfangreiche und zeitaufwendige Arbeiten zum Schließen von Indikationslücken durchzuführen. Deshalb haben der Zentralverband Gartenbau (ZVG) und Deutsche Bauernverband (DBV) zusammen mit den BLAG Lück Unterarbeitsgruppen ein gemeinsames Verbundvorhaben Lückenindikationen im Jahr 2012 angeregt und im Folgejahr auf den Weg gebracht.

Suche nach neuen Wegen, um Lücken zu schließen

In dem Modellvorhaben sollen dabei neue Verfahrenswege erarbeitet werden, die geeignet und praktikabel sind, um die Indikationslücken vieler Kulturen im Gartenbau und Landwirtschaft schließen zu können. Das Vorhaben baut auf den Erfahrungen der Bund-Länder Arbeitsgruppe Lückenindikationen auf. Die Ergebnisse sollen die Arbeit des BLAG Lück zukünftig maßgeblich unterstützen und ergänzen, ohne diesen zu ersetzen.

Das Verbundvorhaben zur Verbesserung der Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln für kleine Kulturen in Gartenbau und Landwirtschaft wurde am 26. Juli 2013 von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) genehmigt und läuft in seiner jetzigen Form mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bis Ende Juli 2017.

Finanzierung durch BMEL und Berufsstand

Am 1. September 2013 wurden die Arbeiten im Teilbereich Recherche bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Bonn aufgenommen, der Teilbereich Kommunikation und Datentransfer am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz in Neustadt startete zum 1. November 2013. Begleitet wird das Verbundvorhaben durch ein weiteres Projekt zur Forschung beim Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig. Neben der finanziellen Förderung des BMEL sind Eigenfinanzbeiträge des Berufsstandes in dem Verbundvorhaben eine wichtige Säule. Die Hauptfinanziers sind der Gemüsebau und der Obstbau, mit kleineren Beträgen beteiligen sich der Zierpflanzenbau, die Baumschulen, die Hopfenpflanzer und der Ackerbau.

Harmonisierung in Europa steht immer noch aus

Nach wie vor ist die fehlende Harmonisierung in Europa einer der entscheidenden Hemmschuhe für einen reibungslosen Ablauf der Verfahren zu Lückenindikationen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Probleme bereiten beispielsweise die unterschiedlichen Anwendungsbestimmungen und Definitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten, sowie eine unter schiedliche Hierarchie und Gruppenbildung bei den Kulturen.

Durch das Verbundvorhaben wurden zahlreiche Recherchen zu Lückenindikationen in den anderen Mitgliedstaaten in die Unterarbeitsgruppen (UAG) Lückenindikationen eingebracht und weitere Aktivitäten abgesprochen.

Die Recherchen und die Abstimmungen mit der BLAG Lückenindikation zeigen, wie aufwendig die notwendigen Arbeiten sind, um letztlich Anträge auf Zulassungserweiterungen beim BVL stellen zu können.

Das komplizierte und zeitaufwendige Verfahren von der Lücke bis zur Lösung

Anträge für neue Mittel – mühsam und langwierig

Für einige nach der Recherche geeignete Mittel hat es zu einer Antragstellung bisher nicht gereicht, weil entweder noch nicht alle benötigten Daten komplett vorliegen oder die Firma eine Antragstellung nicht unterstützt. Es konnten jedoch zum
Beispiel im Zierpflanzenbau sieben Anträge auf Genehmigungen mit insgesamt elf Indikationen von der Unterarbeitsgruppe beantragt werden.

Die Recherchen nach alternativen Bekämpfungsstrategien zeigten auf, dass kaum praktikable Lösungen zur ausreichenden Bekämpfung von bestimmten Schaderregern vorliegen. Hier ist der Austausch mit dem Julius Kühn-Institut (JKI) und den Forschungsarbeiten zu alternativen Bekämpfungsmethoden eine wichtige und zielorientierte Hilfestellung.

Umfangreiche Recherchen zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege und der Kirschessigfliege führten zur Auflistung möglicher Insektizide. Die weitere Prüfung erfolgt durch das JKI und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) im Rahmen des Runden Tisches Kirschessigfliege.

CEGs unterstützen auf dem Weg zur Harmonisierung

Die Arbeiten in Gemüsekulturen wurden intensiv auf nationaler Ebene mit den UAGs Gemüsebau sowie Heil- und Gewürzpflanzen und auf europäischer Ebene mit der Commodity Expert Group (CEG) fruits and vegetables vernetzt (siehe
Abbildung). Aktuell werden vier Schwerpunkte bearbeitet und gleichzeitig als Projekte in der CEG geleitet. Die Absprachen in der CEG zu Anwendungsgebieten und Anwendungsbestimmungen im Rahmen eines zonalen Antragsverfahrens unterstützen maßgeblich die Harmonisierung der Pflanzenschutzverfahren in der EU. Die Arbeiten in Obstkulturen wurden zudem durch die Übernahme der Vertretung des Obstbaus in der CEG fruits and vegetables wesentlich verstärkt.

Vom Informationspool zu Lösungen durch intensive Vernetzung und Informationsaustausch auf nationaler und europäischer Ebene.

Ausdauer zeigt Wirkung

Die Bearbeitung der 2014 begonnenen Schwerpunkte mit dem Insektizid Teppeki in der Erstzulassung (zonales Verfahren)
für Obst- und Gemüsekulturen sowie mit dem Gräserherbizid Select 240 EC im Wiederzulassungsverfahren in Deutschland mündeten in Antragstellungen beziehungsweise bei Select 240 EC im April 2016 bereits in eine Zulassung in wichtigen Gemüsekulturen und Erdbeeren.

Durch die Auswertung von Versuchsergebnissen aus dem BLAG Lück und die intensive Zusammenarbeit mit der UAG Heil- und Gewürzpflanzen konnten weitere mögliche Herbizide zur Bekämpfung von Gemeinem Kreuzkraut in verschiedenen Kulturen identifiziert werden. In dem seit 2015 laufenden Arbeitsschwerpunkt „Kontrolle von Falschem Mehltau in Gemüsekulturen“ werden chemische, aber auch biologische Pflanzenschutzmittel berücksichtigt, um ein effizientes Resistenzmanagement auch künftig zu gewährleisten.

Für den Gemüsebau wurde in Absprache mit der UAG ein Versuch zur Bekämpfung von Thrips in Zwiebeln mittels Saatgutbeizung initiiert. Mit dem Projektpartner JKI wurde erfolgreich ein Versuch zur Wirkung von Teppeki gegen Blattläuse an Salat im Phyto-Drip-Verfahren durchgeführt, ein neuer Ansatz zur Bekämpfung von Blattläusen in Jungpflanzen.

Das Verfahren der Gegenseitigen Anerkennung konnte am Beispiel Meltatox (Dodemorph) aus dem Zierpflanzenbau ausgearbeitet werden und ein erster Testlauf für das Verfahren gestartet werden.

Vertiefende Informationen

Derzeit werden die Arbeiten für eine Weiterführung des Verbundvorhabens über 2017 hinaus in Angriff genommen, um das Vorhaben bis Mitte 2020 mit finanzieller Unterstützung seitens des Berufsstandes und des BMEL mit gleicher Gesamtzielsetzung und ergänzt durch neue Einzelziele weiterführen zu können.

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